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Ulrike Bals | con-text ideenlabor
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con-text ideenlabor | Textarchiv | Magischer Realismus
Vielleicht ist die Freiheit nur von kurzer Dauer. Doch im Moment wird aufgeatmet im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe: Seit der neue "Schümann-Flügel" im September letzten Jahres eröffnet wurde, ist endlich einmal genug Raum für die stets wachsenden Sammlungen vorhanden.
Ob antikes Kunsthandwerk, modernes Design oder zeitgenössische Fotografie, das international renommierte Haus beherbergt umfangreiche Schätze aus der ganzen Welt. Doch aus chronischem Platzmangel konnten viele der Kostbarkeiten in der Vergangenheit nur selten gezeigt werden. Über ein Jahrzehnt hat sich Museumsdirektor Wilhelm Hornbostel um die dringend notwendige Erweiterung der vorhandenen 13.000 Quadratmeter Nutzfläche bemüht. Das 1876 im Renaissance-Stil errichtete blockartige Schulgebäude mit zwei Innenhöfen stand ursprünglich als Solitär in den grünen Wallanlagen. Heute ist es ein steinernes Monument im brausenden Straßenverkehr, eingekeilt zwischen Hauptbahnhof und Gleisen, U-Bahn und Busbahnhof. Städtebauliche Rahmenbedingungen also, die für einen Anbau nicht eben günstig waren, auch unter finanziellen Aspekten. Für das Konzept einer Nachverdichtung im Bestand, die auch die einzigartige Sammlung historischer Tasteninstrumente des Ehepaares Prof. Dr. Andreas und Heikedine Beurmann neu aufnehmen sollte, konnte Hornbostel 1996 den Hamburger Großunternehmer Hans-Otto Schümann mit einer Finanzspritze von 14 Mio. DM gewinnen.
In einem eingeladenen Wettbewerb qualifizierte sich 1997 das Hamburger Architekturbüro Alsop & Störmer durch einen gleichermaßen raffinierten, wie schlichten Entwurf, in dem Altes und Neues sich kontrastierend verbinden. Die nach ihrem Stifter benannte Erweiterung schmiegt sich im südlichen Innenhof als L-förmiger Baukörper an die gelbgetünchte Werkstein-Außenfassade des Altbaus. Mit sechs Ebenen bietet er eine zusätzliche Nutzfläche von insgesamt 4.400 Quadratmetern, davon sind 3.000 Quadratmeter reine Ausstellungsfläche.
Es ist offensichtlich, dass der Neubau nicht mehr sein will, als das, was er eben ist: ein Kunstcontainer, uneitel und funktional. Er besteht aus zwei Elementen: einem gläsernen Kubus, der kommunikative Funktionen wie das zweigeschossige Foyer und das Museumsbistro aufnimmt - und einem überwiegend geschlossenen Riegel, der sich über die gesamte Längsseite des Hofes erstreckt. Im Souterrain hat sich die Gerd-Bucerius-Bibliothek eingerichtet, die durch partielle Absenkung des Hofniveaus raumhoch verglast werden konnte. Alter Baumbestand wurde durch ein großes, ovales, in rostiges Stahlblech gefasstes Beet in Hofmitte erhalten. Unter der Bibliothek sind in einem zweiten Untergeschoss das Archiv und das fotografische Depot untergebracht. Im Bereich der Ausstellungen (erstes bis drittes Obergeschoss) wird die Fassade aus rot gestrichenen Industrie-Paneelen mit axial angeordneten, geschosshohen Fensterschlitzen gegliedert. Die Büros im 4. OG sind wiederum weitgehend verglast.
Dass der Anbau trotz seiner Höhe so außerordentlich leicht wirkt, verdankt er einem optischen Kunstgriff. Vor die gesamte Längsfassade, ausgenommen das Souterrain, wurde ein feines Edelstahlgewebe gespannt. Eine schwebende Scheibe, die den dahinter verschleierten Baukörper entmaterialisiert. Allerdings, was den Lichtverhältnissen im Ausstellungsbereich durch Streuung zu Gute kommt, nimmt sich für die Mitarbeiterbüros in der obersten Etage wie schwedische Gardinen aus. Doch was macht schon so ein bisschen Freiheitsentzug, angesichts wirklich guter Architektur? ULRIKE BALS
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