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con-text ideenlabor | Textarchiv | Perspektivwechsel
Nichts scheint dem Prager Bildhauer Stanislav Kolíbal so verdächtig, wie die Vollendung. Dem Anspruch des Absoluten begegnet der 1925 im tschechischen Orlová geborene Künstler mit tiefem Mißtrauen. Für visionäres Denken war die erlebte Realität der sozialistischen Gesellschaftsutopie wohl auch zu ernüchternd. Das Scheitern des Prager Frühlings im August 1968 zerstörte schließlich alle Hoffnungen auf eine baldige Verbesserung. Vom Geschehen der Welt abgeschnitten und durch ein 15-jähriges Ausstellungsverbot innerhalb der CSSR geknebelt, entwickelte Kolíbal eine subtile Position der Verweigerung: die Dekonstruktion des Endgültigen. Seine abstrakte, nicht narrative Kunst erinnert nur oberflächlich an zeitgenössische Strömungen, wie Arte Povera, Minimal Art und Konzeptkunst. Im Kontext der politischen und persönlichen Geschichte offenbart sie sich jedoch als Metapher des Unsicheren und Illusionären.
Das Thema der Wahlmöglichkeiten, der Freiheit und Selbstverantwortung des Einzelnen, trotz äußerlicher Einschränkungen, beginnt sein Werk zu bestimmen. Seine geometrischen Skulpturen erlauben immer die Möglichkeit einer Veränderung - sei es, durch einen Wechsel der Perspektive, eine minimale Verschiebung einzelner Teile oder sogar den Zusammenbruch des gesamten Gefüges. Heute zählt Kolíbal zu den bedeutendsten visuellen Künstlern der Tschechischen Republik. Ungewöhnliches, so meint er selbst, könne eben auch in Unfreiheit wachsen.
Mit der eigens für Hamburg zusammengestellten Werkschau "labil - stabil" zeigen die Deichtorhallen mehrere großformatige plastische Arbeiten des Bildhauers: Die seit 1988 entstandenen "Stavby" (Bauten) übertragen das Thema der Transformation in die dritte Dimension. Als Raum greifende, überwiegend offene Strukturen aus Holz, perforiertem Blech und lackiertem Kunststoff, markieren sie eine deutliche Zäsur zu seinen früheren, eher flächigen Arbeiten. Alle Bauten basieren auf graphischen Skizzen, den zweidimensionalen Grundrissen. An ihnen läßt sich nicht nur die Wirklichkeit überprüfen. Sie verweisen auch gleichsam auf den spirituellen Raum zwischen einer Idee und ihrer Realisation, in dem die individuellen Wahlmöglichkeiten Form annehmen. Doch auch das Kunstwerk bleibt letztlich nichts als eine Illusion: Fragment eines nie abzuschließenden Prozesses, des Lebens. ULRIKE BALS
"Labil - stabil. Plastiken und Zeichnungen", Südliche Deichtorhalle, bis 28. Januar 2001
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